Wenn das Burnout nicht aufhört

Viele Menschen haben dauerhafte Symptome der Erschöpfung nach einem Burnout. Seit einigen Jahren gibt es die Theorie, das CFS und Burnout zwei Seiten der selben Medallie sind.

CFSBURNOUTFORSCHUNG

Julia Dorenwendt

11/12/20253 min lesen

Ich hatte mich bereits einige Zeit mit einer Freundin regelmäßig getroffen. Als wir anfingen über unsere Symptome zu sprechen. Sie sagte sie hat CFS und ich sagte ich habe ein Burnout. Wir beschrieben fast dieselben Symptome, dieselbe Erschöpfung nach Sport, den Brainfog, denselben Nebel im Kopf. Wie konnte das sein, wenn sie CFS hatte und ich Burnout?

Ein und dasselbe?

Wie vom Blitz getroffen, ging ich nach Hause und setzte mich an meinen Computer. Konnte es sein, dass wir an derselben Sache litten? Konnte es sein, dass Burnout und ME/CFS das gleiche waren? Und tatsächlich, es gibt diese Theorie seit langem in der Forschung, das Burnout und ME/CFS ein und dasselbe sind, und der Unterschied lediglich in Zuordnung der Ursachen liegt: Burnout wird oft als psychisch bedingt angesehen, während CFS einer körperlichen Erkrankung zugeschrieben wird.


Bis zur Pandemie hat sich kaum jemand für die Forschung zu ME/CFS interessiert. Erst mit Long COVID kam Bewegung in das Thema. Warum ich LongCOVID mit einbringe? Weil LongCOVID und ME/CFS sehr ähnliche Krankheitssymptome haben.

Quellen:


[1] By Chart: David MarksData: w:Leonard A. Jason, Mohammed F. Islam, Karl Conroy, Joseph Cotler, Chelsea Torres, Mady Johnson, and Brianna Mabie - Chart: "Converging Evidence of Similar Symptomatology of ME/CFS and PASC Indicating Multisystemic Dyshomeostasis", doi:10.3390/biomedicines11010180Data: "COVID-19 symptoms over time: comparing long-haulers to ME/CFS", doi:10.1080/21641846.2021.1922140, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=132775976

[2] Basierend auf Erkenntnissen aus Jameson, D. (2016) Persistent Burnout Theory of Chronic Fatigue Syndrome., zitiert und vereinfacht für diesen Artikel.

Jameson, D. (2016) Persistent Burnout Theory of Chronic Fatigue Syndrome. Neuroscience and Medicine, 7, 66-73. doi: 10.4236/nm.2016.72008. https://www.scirp.org/journal/paperinformation?paperid=67193

[1] Vergleich von Symptomen ME/CFS und COVID-19*

Der Stress ist weg, aber die Erschöpfung bleibt?

Mein eigenes Burnout war schon jahrelang her, und die Symptome waren immer noch da. Die Forschung bestätigt: Im Wesentlichen sind ME/CFS ein Zustand anhaltender Erschöpfung, eine Art Burnout, der nicht mehr endet. Selbst wenn alle ursprünglichen Stressfaktoren weg sind, bleiben die Symptome, weil sich das System im Zustand des Burnouts hängen bleibt. Dieser Zustand anhaltender Erschöpfung bleibt bestehen, weil das Stresssystem des Körpers aus dem Gleichgewicht geraten ist und sich bestimmte Denk- und Verhaltensmuster eingeschlichen haben, die den Körper weiterhin in Alarmbereitschaft versetzen.

ME/CFS und Burnout entstehen häufig nach langen Phasen von Stress und Überforderung und zeigen ähnliche Symptome wie zum Beispiel starke Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und das Gefühl, körperlich und mental völlig erschöpft zu sein.

Forscher vermuten, dass bei beiden Erkrankungen das Stresssystem im Körper, also die Verbindung zwischen Gehirn und Hormonen, die normalerweise hilft, mit Belastung umzugehen, aus dem Gleichgewicht geraten ist. Dieses System reagiert dann nicht mehr so stark wie früher, und es wird zu wenig Cortisol (Stresshormon) ausgeschüttet. Dadurch kann der Körper nicht mehr richtig zwischen Aktivität und Erholung umschalten. Die Folge: Man fühlt sich ständig erschöpft, auch wenn man sich ausruht.

Du hattest nie ein Burnout?

Über einen langen Zeitraum anhaltender Stress kann zu ME/CFS führen. Auch wenn die Ursachen vielleicht nicht offensichtlich sind, kann es trotzdem in deinen Denkmustern, erlebten Bindungstraumata oder Verhaltensweisen und deinen Bewertungen liegen. In meinem Fall lag eine PTSD (posttraumatische Belastungsstörung) vor, dass Burnout und die anschließende Chronifizierung meiner Symptome hatte dann mehrere Trigger, die in einem Zeitraum von 2-3 Jahren geschahen:

  • Einsamkeit in der Pandemie

  • fancy Job in der IT inkl. problematischer Manager

  • Kündigung, neuer Job, Kündigung

  • Tod meines Vaters

  • Pflege meiner Oma nach ihrem Schlaganfall

  • Diebstahl durch vertraute Menschen

Die Folge von all dem war: Brainfog, Herzrasen, Erschöpfung, Albträume, Konzentrationsprobleme, Magen-Darm-Beschwerden. Vielleicht kennst du ähnliche Zustände, auch wenn deine Auslöser andere waren: eine Trennung, eine Geburt, ein Hausbau, eine neue Verantwortung. Selbst schöne Ereignisse können das System überfordern, wenn es zu viel auf einmal wird.

Eine Diagnose für ME/CFS habe ich nie erhalten. Warum wohl? Ich denke, das liegt daran, dass die meisten Ärzte noch nie davon gehört haben. Wenn jemand mit meiner Geschichte zu ihnen kommt, ist für sie klar: Das ist ein Burnout, dass war es auch Anfangs. Ich habe viele Frauen und Männer getroffen, die auch keine Diagnose bekommen haben. Sie sind komplett ratlos, was mit ihnen vorgeht. Selbst wenn sie diagnostiziert wurden, hilft das meistens auch nicht weiter, weil es kein Rezept gibt, um Stress und Entspannung neu zu lernen.

Der Stress geht nicht weg, aber ...

In der Genesung geht es weniger darum, einfach nur Stress zu vermeiden, das ist auch nicht möglich in unserer Welt. Außerdem ist Stress relativ zu der Person die ihn erlebt. Es ist viel wichtiger, wieder Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit zu gewinnen, sich auf positive Ziele auszurichten und in kleinen Schritten, Ziele zu erreichen und wieder Flow [2] zu erleben.